The So-called FortsetzungsFanFiction
Teil 3 von Torben
"Er sitzt in Mathe genau hinter dir", kam Angela Rickie zuvor.
"Ihr meint doch nicht etwa Wes Jacoby, oder? Ich dachte immer der ist nur gut in Sport."
"Da hab ich aber was ganz anderes gehört", erwiderte Rickie.
"Wenn du meinst, einen Versuch ist es auf jeden Fall wert. Du weißt nicht zufällig wo er gerade steckt?"
"Keine Ahnung."
"Das hilft mir auch nicht weiter. Könntet ihr mir nicht beim suchen helfen?
Es ist wirklich dringend!"
"Aber natürlich helfen wir dir, Sharon", spottete Rayanne,
"Los Rickie, wir machen uns sofort auf die Suche."
Lachend zog sie Rickie hinter sich her.
Und ihr?", flehte Sharon Angela und Delia an.
"Ich würde dir ja helfen, aber ich weiß gar nicht wie dieser Wesley aussieht", erklärte Delia und sah Sharon fragend an.
"Wir suchen einfach zu dritt, so schwer kann es ja nicht sein ihn zu finden", schlug Angela vor.
"Wo willst du hin, Rayanne?", fragte Rickie, als er merkte das seine Freundin auf die Mädchentoilette zusteuerte. "Glaubst du etwa ich verschwende meine wertvolle Zeit damit diesen Wesley zu suchen.""Aber du hast gesagt du hilfst ihr!" Rickie blieb stehen. "Das war gelogen." "Ich werde ihn auf jeden Fall suchen." "Schon gut, schon gut. Reg dich ab Rickie. Dann helf ich eben auch mit. Wenn dir soviel daran liegt." Rayanne kam auf ihn zu. "Sag mal Rickie, du hast mir doch mal von einem Wesley vorgeschwärmt. Hieß der nicht auch Jacoby?" Rickie errötete.
"Ich glaub da hinten steht er!", rief Angela plötzlich, und sofort riß Sharon ihren Kopf herum. "Wo denn, Angela?" "Dort hinten!", rief sie abermals und zeigte auf eine kleine Gruppe von 3-4 Jungen. "Wo? Ach da! Ja, das ist er!", rief Sharon erfreut nachdem sie sein Gesicht entdeckt hatte und eilte zügig in seine Richtung. "Warte auf uns, Sharon!", rief Delia und rannte hinter ihr her.
"Hi, Wesley. Ich hab gehört du kennst dich mit Computern aus?"
"Ja, wieso?"
"Wir haben Probleme mit dem PC im Yearbook-Raum, und ich hatte gehofft das du mir vielleicht helfen könntest?" "Du heißt doch Sharon, oder?"
"Ja, wir hab..."
"Hi Sharon", unterbrach er sie mit sanfter Stimme, "was genau ist den nun dein Problem?" Sharon blickte in seine Augen und Angela, die zusammen mit Delia direkt hinter ihr stand, erlebte zum ersten Mal das ihre Freundin sprachlos war. Noch immer starrte sie Wes an, aber kein Ton kam über ihre Lippen.
Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern bis Sharon aus ihrem Trancezustand erwachte, aber bevor sie dazu kam seine Frage zu beantworten hörte sie seine Stimme sagen : "Am besten du zeigst es mir. Wohin müssen wir gehen?"
"Ja, ist gut", brachte Sharon heraus, noch immer ziemlich verwirrt.
"Was ist denn mit ihr los", flüsterte Delia Angela ins Ohr und beide fingen leise an zu kichern.
"So, das wars."
"Läuft er wieder?"
"Na klar."
"Gott sei Dank, ich wäre vollkommen aufgeschmissen ohne meine Texte. Du bist meine Rettung." "Immer wieder gern", flüsterte er ihr ins Ohr und man merkte deutlich das Sharon krampfhaft versuchte sich auf den Bildschrim zu konzentrieren. "Kann ich dir sonst noch irgengwie helfen?"
"Nein, ah, ich mein, also..."
"Wir sehen uns morgen in Mathe. Bye Sharon."
"Oh, ja, und vielen dank nochmal", rief sie ihm hinterher, und als er aus ihrem Blickfeld verschwunden stieß sie einen leisen Seufzer aus und drehte sich wieder zu ihrem Monitor um.
Heute morgen, als der Wecker ihn lautstark aus dem Reich der Träume in die Wirklichkeit zurückholen wollte, hatte er ihn im Halbschlaf einfach nur ausgestellt und war dann erschöpft wieder aufs Laken gesunken. Eine lange Nacht lag hinter ihm, und nachdem er sich Stundenlang herumgewälzt hatte war er in den frühen Morgenstunden endlich doch noch eingeschlafen. Die Ereignisse des letzten Tages hatten ihm einfach keine Ruhe gelassen und in seinen Gedanken war er die Szene immer und immer wieder durchgegangen. Jetzt, wo es zu spät war, jetzt wußte er was er Angela hätte sagen wollen. Hinterher ist man immer klüger, und diese Chance war endgültig vertan. Wieso schaltete sich sein Verstand jedesmal ab wenn er in Angelas Nähe war? "Ich liebe dich", drei kleine Wörter, eigentlich ganz leicht auszusprechen, aber er war nun mal ein Feigling. Nachdem er sich also die halbe Nacht selbst verflucht hatte (diese Maßnahme erwies sich zuerst auch als äußerst hilfreich, doch irgendwann gegen halb drei waren ihm die Schimpfwörter ausgegangen), fühlte er sich am morgen einfach nicht danach sein warmes Bett zu verlassen um sich in die Schule zu schleppen. Und so blieb er einfach liegen. Und diesmal stand das Glück sogar auf seiner Seite, seine Eltern waren schon aus dem Haus, und so fiel er wieder in einen tiefen Schlaf, aus dem er erst um halb eins erwachte.
Mühsam öffnete er seine verschlafenen Augen, aber nur für ein paar Sekunden, er mußte sich erst an die helle Mittagssonne gewöhnen und es dauerte noch einige Zeit bis er blinzelnd die Zeiger seines Weckers erkennen konnte. "Scheiße!" So überzeugt er vom Schwänzen heute morgen auch gewesen war, viel war davon auf jeden Fall nicht mehr übrig. Nach einem kurzen Anfall von Panik, der damit endete das er beim Versuch möglichst schnell in seine Jeans hineinzukommen das Gleichgewicht verlor und beim darauffolgendem Sturz seinen Stuhl nur knapp verfehlte, ließ er sich niedergeschlagen auf sein Bett fallen. Es war sowieso zu spät. "Mein erstes Schwänzen", sagte er laut, und bei diesen Worten spürte er fast sowas wie Stolz. Äußerst erstaunt mußte er sich eingestehen das es sich irgendwie gut anfühlte etwas verbotenes zu tun, einmal nicht der brave Streber zu sein, sondern so etwas verwegenes zu tun wie Schuleschwänzen! Nach einer kalten Dusche (die er in dem Augenblick bereute als der erste Strahl kaltes Wasser sich über seinen Körper ergoß und er für wenige Sekunden das Gefühl hatte hier unter der Dusche Opfer eines Herzschlages zu werden) zog er sich rasch an und lief in die Küche hinunter, wo er sich erstmal ein Glas kalte Milch genehmigte. Mit dem Glas in der Hand stand er am Küchenfenster und sah in den strahlend blauen Himmel hinauf. Kein Wölkchen war zu sehen und als er ins freie trat stellte er fest das es für diese Jahreszeit schon ziemlich warm war. Es schien ein absolut traumhafter Tag zu werden. "Und was mach ich nun?"
Angela lag auf ihrem Bett und starrte in Gedanken versunken an die Decke ihres Zimmers. Sie fragte sich wo Brian steckte. Sie hatte den ganzen Tag darauf gewartet das er doch noch in der Schule auftauchen würde, aber er war nicht gekommen. Und das passte nun wirklich nicht zu ihm. Jordan oder Rayanne, okay, bei den beiden wäre es ganz normal gewesen, aber Brian? Ausgerechnet Brian der Musterschüler, da konnte doch etwas nicht stimmen. Sie erhob sich von ihrem Bett und ging zum Fenster, doch Brian war nicht zu sehen. Niemand fuhr mit dem Fahrrad die Straße auf und ab, und es saß auch niemand in dem großen Baum und las. "Vielleicht sollte ich rüber gehen und nachschauen ob er zu Hause ist?" Langsam näherte sie sich dem Haus der Krakows, nachdem sie es zuvor mehere Minuten lang aufmerksam beobachtet hatte. Doch es schien niemand zuhause zu sein. Sie lauschte angestrengt, doch es war nichts zu hören. Keine Musik, keine Stimmen, es war absolut still. Sie klingelte. Nichts. Keine Schritte die hastig die Treppe heruntergerannt kamen, keine "Bin gleich da!"-Rufe, kein "Könnte mal jemand die Tür aufmachen, ich kann gerade nicht." Sie klingelte ein zweites Mal, und wieder geschah nichts. "Wo steckt der nur?" So langsam fing sie an sich Sorgen zu machen. Wo konnte er nur stecken?
Graue Wolken bedeckten den Himmel und die Temperatur schien von Minute zu Minute immer tiefer zu fallen. Seit fünf Stunden fuhr er nun schon planlos mit seinem Fahrrad durch die Straßen Pittsburghs. Noch nie hatte er einen Tag erlebt an dem das Wetter so extrem umgeschlagen war, und unter seiner dünnen Jacke fing er langsam an zu frieren.
Während seiner ausgiebigen Radtour hatte er viel Zeit zum nachdenken gehabt, sehr sehr viel Zeit sogar, und doch hatte sich an der Ausgangslage nichts geändert. Er spürte es das ihm langsam aber sicher die Hoffnung ausging. "Vergiß sie einfach, du Idiot!", flüsterte er sich zum wiederholten Male selbst zu. Er wünschte er wäre dazu in der Lage, aber immer wieder sah er ihr zartes Gesicht vor sich und in diesen Augenblicken spürte er das es wohl unmöglich war dieses Geschöpf nicht zu lieben. Schließlich hatte er sein halbes Leben nichts anderes getan als an sie zu denken. Und er wußte er würde ihr auch noch die andere Hälfte geben, wenn nicht irgendjemand ihn retten würde. Seine Beine schmerzten und er hatte das starke Bedürfniss eine kleine Pause einzulegen.
Er blickte sich um auf der Suche nach einem interessanten Geschäft oder dergleichen, und sein Blick fiel auf einen kleinen Buchladen, den er zuvor noch nie gesehen hatte.
Der Laden war nicht besonders groß, aber ein bißchen Ablenkung würde ihm bestimmt nicht schaden. Und was besseres hatte er ja auch nicht vor, und so kettete er sein Rad draußen vorm Laden an und schlenderte auf das Schaufenster zu. Auf den ersten Blick gab es nichts besonderes zu entdecken, die momentanen Bestseller halt. Ansonsten schien es viele spanischsprachige Bücher zu geben, aber die Namen der meisten Autoren sagten ihm nicht viel.
"Hoffentlich haben die auch bekanntere Sachen", dachte er sich beim Betreten des Ladens. Es war nicht viel los um diese Uhrzeit, und außer dem alten Mann hinter der Kasse waren nur noch drei andere Kunden anwesend. Er glitt langsam an den hohen Regalen vorbei, auf der suche nach englischsprachiger Literatur. Zu seiner Erleichterung stellte er fest das doch bestimmt die Hälfte der Bücher in Englisch war und neugierig ließ er seinen Blick über die Buchrücken schweifen.
Auf gut Glück griff er ins Regal und zog das erste Buch heraus das ihm in die Hände fiel. Neugierig schlug er es in der Mitte auf. Gedichte! Na ja, das war bisher nicht unbedingt seine Art von Literatur gewesen und er überflog die Seite nur kurz und wollte das Buch gerade wieder ins Regal stellen als er bemerkte das der alte Mann direkt hinter ihm stand und ihn mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht beobachtete.
"Mögen sie keine Gedichte",fragte er freundlich. "Ich? Oh, keine Ahnung, ich weiß nicht", stammelte er überrascht und drehte sich zu dem alten Mann um, das Buch immer noch in der Hand. "Da haben sie aber ein richtiges Schmuckstück erwischt. Neruda ist mein Lieblingsdichter", erklärte der Alte, und deutete auf das Buch. Rasch warf Brian einen Blick auf das Buch, auf den Namen des Autors hatte er überhaupt nicht geachtet. "Liebesgedichte" von Pablo Neruda. "War ja klar das ich ausgerechnet Liebesgedichte erwische", dachte er : "Ich kenne diesen Autor bisher überhaupt nicht, wenn ich ehrlich sein soll." "Oh, wirklich nicht, das ist aber ungeheuer schade...für sie." "Ich glaube Liebesgedichte sind nichts für mich." "Ja, ja, genau das habe ich auch gedacht als ich so jung war wie sie", erwiderte der alte Mann und ließ Brian verdutzt stehen. Er starrte dem Alten hinterher, und dann sah er aufs Buch.
Mehere Sekunden stand er unschlüssig dar, denn Blick starr auf des dünne Buch gerichtet das er fest in seinen Händen hielt. Er richtete den Blick wieder auf die Kasse, doch der alte Mann unterhielt sich angeregt mit einem der anderen Kunden. Brian versuchte zu verstehen über was sie sprachen, aber als er genauer hinhörte merkte er das die beiden spanisch sprachen. "Warum eigentlich nicht." Langsam ging er zur Kasse und reichte dem alten Mann das Buch. "Haben sie es sich doch anders überlegt, junger Mann? Sie werden den Kauf nicht bereuen. Oder was sagst du dazu, Tamayito." "Don Pedro hat absolut recht junger Mann, eine ausgezeichnete Wahl", antwortete der angesprochene und lächelte Brian ebenfalls freundlich an. "Vielen dank nochmal für den Tip", erwiderte Brian und nahm sein Wechselgeld entgegen, "Auf wiedersehen, Sir."
Er ging rasch auf den Ausgang zu, und hastig griff er nach der Türklinke, doch er kam einen Augenblick zu spät und so stieß er fast mit der Person zusammen die gerade den Laden betreten wollte. "Entschuld...", der Rest blieb ihm förmlich im Halse stecken. "Ist ja nichts passiert", erwiderte die Person, bei der es sich um ein junges Mädchen handelte, etwa in seinem Alter. Sie glitt an ihm vorbei und ging zielstrebig auf den die beiden Männer an der Kasse zu. "Wie geht´s, Don Pedro?", war das letzte was Brian hörte bevor sich die Tür hinter ihm schloß und er die gemütliche Stille des Ladens gegen den Lärm der Straße eintauschte. Es war noch kälter geworden, aber noch schlimmer war der Regen der gerade einsetzte. Unentschloßen blieb er unter dem Vordach stehen und betrachtete unsicher den Himmel. Der Regen wurde immer stärker, und wenn er sich jetzt auf den Weg machen würde wäre er naß bis auf die Knochen wenn er zuhause ankommen würde. "Ein paar Minuten kann ich ja hier warten", sagte er sich und spähte neugierig durchs Schaufenster.
Das Mädchen stand vor dem selben Regal, vor dem er vor wenigen Minuten gestanden hatte, aber es schien als wüßte sie mit den Autoren mehr anzufangen. Er beobachtete sie, während sie ein Buch nach dem anderen aus dem Regal nahm und betrachtete. So ging es eine ganze Weile, doch plötzlich drehte sie ihren Kopf zum Fenster und sah Brian direkt ins Gesicht. Er erstarrte. Sie lächelte ihm feundlich zu und wandte sich dann wieder den Büchern zu. Brian, der keine Lust hatte sich ein zweites Mal beim anstarrten erwischen zu lassen drehte sich hastig zur Straße um. Der Regen wurde nicht weniger, nein, er schien sogar noch stärker einzusetzen.
Er stieß einen lauten Seufzer aus und setzte sich auf den Gehweg, der hier unter dem recht großen Vordach noch absolut trocken war. Und da er nicht wußte was er nun tun sollte hollte er das Buch heraus und begann zu lesen. Zuerst war er nicht recht bei der sache, aber so nach und nach vertiefte er sich immer mehr und so erschrak er ziemlich als sich plötzlich jemand mit einem sanften "Hi" neben ihn setzte. Er sah von seinem Buch auf und sein Blick fiel auf die langen blonden Haare, die er vor wenigen Minuten noch durchs Fenster hindurch beobachtet hatte. "Hi", erwiderte er ihren Gruß, mit einem deutlichen Anflug von Nervösität in der Stimme.
Schweigend saßen die beiden nebeneinander auf dem Gehweg, und Brian beobachtete die Fremde aus den Augenwinkeln heraus. Sie hatte ihren Kopf nach hinten gegen die Scheibe gelehnt und saß einfach nur so dar, beide Augen fest geschloßen.
"Hörst du den Regen?", fragte sie ihn plötzlich, die Augen immer noch geschlossen. Und ohne seine Antwort abzuwarten fuhr sie fort : "Ich liebe es einfach nur so dazusitzen und dem Regen zuzuhören."
Brian starrte sie iritiert an, als sie plötzlich den Kopf in seine Richtung drehte und ihm direkt in die Augen sah : "Was liest du da?" Er war so nervös das er fürchtete kein vernünftiges Wort herauszubekommen und so hielt er ihr einfach das Buch hin. Sie warf nur einen kurzen Blick drauf und blickte dann wieder hinaus in den Regen.
"Das hat dir bestimmt der alte Pedro aufgeschwatzt, hab ich recht?" "Ja, eigentlich schon. Normalerweise les ich sowas nicht." "Und wie gefällt es dir?" "Also, ich weiß nicht recht. Zuerst war es ein komisches Gefühl sowas zu lesen , aber..." "Aber dann hat es dir doch gefallen, nicht wahr?"
"Ich glaube schon." "Du glaubst es? Wieso weißt du es denn nicht?" "Okay Okay, es hat mir gefallen." "Siehst du, war doch gar nicht schwer", erwiderte sie frech, doch gleichzeitig sah sie ihm mit einem so zauberhaften Lächeln an das Brian glatt vergaß sich über ihre provozierende Art aufzuregen. "Wie heißt du eigentlich?", fragte sie, den Blick wieder hinaus in den dunklen Abend gerichtet. Es mußte so gegen 19 Uhr sein und die Sonne war schon längst verschwunden und nur die hellen, bunten Lichter der einsamen Stadt strahlten noch ein Fünkchen Wärme aus. Bunte Werbung in grellem Neonlicht vermischte sich mit den hektischen Lichtern der vorbeirauschenden Wagen, während der Regen auf die Erde herunterprasselte.
"Ich heiße Brian", stellte er sich vor. "Schön dich kennezulernen Brian, ich bin Amy." "Ja, ich äh, also, ich freue..." "Du freust dich auch mich kennezulernen?" "Äh, ja." "Wow, ein wahrer Meister der Konversation!"
"Was? Also..." "Nicht aufregen, Kleiner. Ich hab doch nur Spaß gemacht." "Ha Ha, sehr komisch. Humor ist wohl nicht gerade deine Stärke!" "Immerhin hat es gereicht um dir einen vollständigen Satz zu entlocken."
"Oh man, du spinnst!", lachte Brian, der es einfach nicht fertig brachte sich über ihre Art aufzuregen, dazu war er einfach viel zu fasziniert von ihr. "Ich hab dich noch nie hier gesehen. Wohnst du hier in der Nähe?",lautete ihre nächste Frage. "Nein, ich wohn drüben in Three Rivers."
"Three Rivers? Schöne Gegend. Und was treibt dich ausgerechnet hierher? Du bist doch nicht nur hier um ein Buch zu kaufen? Hast du hier jemanden besucht?" "Du bist ja überhaupt nicht neugierig!" "Ich versuch nur etwas Schwung in die Unterhaltung zu bringen. Aber wenn du nicht willst..."
"Schon gut, ich hab heute die Schule geschwänzst, und da es heute morgen so schön war hab ich mich auf mein Rad gesetzt und bin einfach losgefahren." "Und was hast du sonst noch so gemacht?"
"Na ja, eigentlich war´s das schon." "Du bist mir ja einer. Schwänzt die Schule, nur um dann den ganzen Tag auf dem Rad zu verplempern! Viel Spaß auf dem Weg nach Hause, das Wetter ist ja wirklich optimal für solch eine Unternehmung." "Der Regen hört bestimmt bald auf." "Das hättest du wohl gern!" "Irgendwie mußt du ja auch nach Hause kommen."
"Ich warte hier nur auf meinen Bus." "Schön fur dich."
"Aber echt. Bei dem Regen ist man ja nach spätestens einer Minute naß bis auf die Knochen." "Es hört bestimmt gleich auf." "Träumer! Hast du den Wetterbericht nicht gehört? Es soll die ganze Nacht Regen geben!"
"Wenn ich ihn gehört hätte wäre ich wohl nicht mit dem Rad unterwegs, oder?" "Wohl nicht", kicherte sie leise, die Augen abermals geschlossen.
Brian fühlte des etwas seltsames in ihm vorging. Normalerweise war er Leuten die er nicht kannte gegenüber mißtrauisch und zurückhaltend, doch mit Amy war das irgendwie anders. Sie war ingendwie anders. Er konnte nicht erklären woran es lag, aber irgendwie fühlte es sich gut an in ihrer Nähe zu sein. Brian betrachtete vorsichtig ihr zartes Geischt, und für einen kurzen Augenblick hatte er das Gefühl das sie eingeschlafen war. Ihr langes blondes Haar war immer noch etwas feucht (anscheinend hatte der Regen schon eingesetzt bevor sie in den Laden kam) und Brian erwischte sich dabei wie er davon träumte ihr die nassen Strähchen aus dem Gesicht zu streichen. Es war kalt, es war naß, und doch fühlte er sich absolut wohl. Stundenlang hätte er hier, auf dem kalten Bürgersteig, sitzen können, die Blicke nur auf dieses sonderbare Wesen gerichtet, das direkt neben ihm saß und faszieniert der sanften Musik des Regens lauschte.
"Hast du kein Buch gefunden?", unterbrach Brian ihr Schweigen, über sich selbst erstaunt das er den Mut dazu aufgebracht hatte.
"Nein, aber ich hab auch nicht richtig gesucht. Dylan hat ein Buch bestellt und er hat mich gefragt ob ich es abholen könnte. Es war aber noch nicht da."
"Ist Dylan dein Freund?" Brian hatte die Frage so schnell gestellt das er gar nicht dazu kam vorher drüber nachzudenken und nachdem die Worte seinen Mund verlassen hatten fragte er sich ob das wirklich er gewesen war der das gefragt hatte oder ob ein Dritter sich in die Unterhaltung einmischte. Nein, das war wirklich er gewesen. Er konnte es nicht fassen.
Amy lachte. "Jetzt bist du aber ganz schön neugierig." Sie sah in provozierend an. "Was nun?", dachte Brian, "Schwanz einziehen oder auf Kurs bleiben." "Damit der Schwung nicht verloren geht", erwiderte nach einem kurzen Zögern. "1:0 für dich. Dylan ist nicht mein Freund, sondern mein Zwillingsbruder." "Ach so."
"Ich hab keinen Freund." Brians Herz schlug vor Freude schneller. "Und du?" "Ich hab auch keinen!"
"Sehr witzig", lachte sie und boxte ihm sanft auf die Schulter. "Schon gut, ich hab keine Freundin, falls du das wissen wolltest." Die beiden sahen sich lachend an und erst jetzt fielen ihm ihre Augen auf, sie hatte wunderschöne sanfte grüne Augen. "Und wie sieht es mit Geschwistern aus?" "Hab ich auch nicht."
"Ist doch bestimmt langweilig so ganz ohne. Hättest du gern welche? Wenn ja, ich könnte ein paar abgeben." "Hast du denn so viele?", fragte Brian mit großen Augen. "4 Brüder. Dylan, Sean, Liam und Billy." "Meinen Eltern hat wohl ein Kind gereicht." Sie drehte ihren Kopf nach links und blickte die Straße hinab. "Ich glaub da kommt mein Bus!" "Was? Ich..."
"Ich muß los. Tschau Brian", flüsterte sie ihm zu und, bevor sie aufstand, beugte sie sich zu ihm rüber und gab ihm einen Kuß auf die Stirn. Brian war so erschrocken das er kein Wort über die Lippen brachte. Als er seine Fassung wiedergefunden hatte lief sie schon längst auf die Haltestelle zu. "Amy, warte! Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?"
Brian betete zu Gott das sie seine Frage gehört hatte, und er hatte Glück. Sie blieb kurz stehen, drehte sich zu ihm um und rief : "O´Hearn."
"Auf wiedersehen, Amy O´Hearn!", rief er ihr zu, während sie in den Bus stieg. Noch einmal winkte sie ihm von ihrem Fensterplatz in vorderen Teil des Busses zu, und dann war das Mädchen mit den wundervollen grünen Augen aus seinem Blickfeld verschwunden. Wie betäubt stand er im Regen und starrte traurig dem Bus hinterher, der sich immer weiter von ihm entfernte und schließlich an einer großen Kreuzung rechts abbog. "Auf wiedersehen, Amy", flüsterte er noch einmal bevor er zu seinem Rad ging und sich auf den Heimweg machte. Der Regen störte ihn nicht mehr.
Angela stand am Fenster und blickte in den Regen hinaus. Brian war immer noch nicht aufgetaucht, und sie machte sich wirklich Sorgen. "Brian, wo bist du nur?", flüsterte sie leise.
"Wo willst du hin, Rayanne?", fragte Rickie, als er merkte das seine Freundin auf die Mädchentoilette zusteuerte. "Glaubst du etwa ich verschwende meine wertvolle Zeit damit diesen Wesley zu suchen.""Aber du hast gesagt du hilfst ihr!" Rickie blieb stehen. "Das war gelogen." "Ich werde ihn auf jeden Fall suchen." "Schon gut, schon gut. Reg dich ab Rickie. Dann helf ich eben auch mit. Wenn dir soviel daran liegt." Rayanne kam auf ihn zu. "Sag mal Rickie, du hast mir doch mal von einem Wesley vorgeschwärmt. Hieß der nicht auch Jacoby?" Rickie errötete.
"Ich glaub da hinten steht er!", rief Angela plötzlich, und sofort riß Sharon ihren Kopf herum. "Wo denn, Angela?" "Dort hinten!", rief sie abermals und zeigte auf eine kleine Gruppe von 3-4 Jungen. "Wo? Ach da! Ja, das ist er!", rief Sharon erfreut nachdem sie sein Gesicht entdeckt hatte und eilte zügig in seine Richtung. "Warte auf uns, Sharon!", rief Delia und rannte hinter ihr her.
"Hi, Wesley. Ich hab gehört du kennst dich mit Computern aus?"
"Ja, wieso?"
"Wir haben Probleme mit dem PC im Yearbook-Raum, und ich hatte gehofft das du mir vielleicht helfen könntest?" "Du heißt doch Sharon, oder?"
"Ja, wir hab..."
"Hi Sharon", unterbrach er sie mit sanfter Stimme, "was genau ist den nun dein Problem?" Sharon blickte in seine Augen und Angela, die zusammen mit Delia direkt hinter ihr stand, erlebte zum ersten Mal das ihre Freundin sprachlos war. Noch immer starrte sie Wes an, aber kein Ton kam über ihre Lippen.
Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern bis Sharon aus ihrem Trancezustand erwachte, aber bevor sie dazu kam seine Frage zu beantworten hörte sie seine Stimme sagen : "Am besten du zeigst es mir. Wohin müssen wir gehen?"
"Ja, ist gut", brachte Sharon heraus, noch immer ziemlich verwirrt.
"Was ist denn mit ihr los", flüsterte Delia Angela ins Ohr und beide fingen leise an zu kichern.
"So, das wars."
"Läuft er wieder?"
"Na klar."
"Gott sei Dank, ich wäre vollkommen aufgeschmissen ohne meine Texte. Du bist meine Rettung." "Immer wieder gern", flüsterte er ihr ins Ohr und man merkte deutlich das Sharon krampfhaft versuchte sich auf den Bildschrim zu konzentrieren. "Kann ich dir sonst noch irgengwie helfen?"
"Nein, ah, ich mein, also..."
"Wir sehen uns morgen in Mathe. Bye Sharon."
"Oh, ja, und vielen dank nochmal", rief sie ihm hinterher, und als er aus ihrem Blickfeld verschwunden stieß sie einen leisen Seufzer aus und drehte sich wieder zu ihrem Monitor um.
Heute morgen, als der Wecker ihn lautstark aus dem Reich der Träume in die Wirklichkeit zurückholen wollte, hatte er ihn im Halbschlaf einfach nur ausgestellt und war dann erschöpft wieder aufs Laken gesunken. Eine lange Nacht lag hinter ihm, und nachdem er sich Stundenlang herumgewälzt hatte war er in den frühen Morgenstunden endlich doch noch eingeschlafen. Die Ereignisse des letzten Tages hatten ihm einfach keine Ruhe gelassen und in seinen Gedanken war er die Szene immer und immer wieder durchgegangen. Jetzt, wo es zu spät war, jetzt wußte er was er Angela hätte sagen wollen. Hinterher ist man immer klüger, und diese Chance war endgültig vertan. Wieso schaltete sich sein Verstand jedesmal ab wenn er in Angelas Nähe war? "Ich liebe dich", drei kleine Wörter, eigentlich ganz leicht auszusprechen, aber er war nun mal ein Feigling. Nachdem er sich also die halbe Nacht selbst verflucht hatte (diese Maßnahme erwies sich zuerst auch als äußerst hilfreich, doch irgendwann gegen halb drei waren ihm die Schimpfwörter ausgegangen), fühlte er sich am morgen einfach nicht danach sein warmes Bett zu verlassen um sich in die Schule zu schleppen. Und so blieb er einfach liegen. Und diesmal stand das Glück sogar auf seiner Seite, seine Eltern waren schon aus dem Haus, und so fiel er wieder in einen tiefen Schlaf, aus dem er erst um halb eins erwachte.
Mühsam öffnete er seine verschlafenen Augen, aber nur für ein paar Sekunden, er mußte sich erst an die helle Mittagssonne gewöhnen und es dauerte noch einige Zeit bis er blinzelnd die Zeiger seines Weckers erkennen konnte. "Scheiße!" So überzeugt er vom Schwänzen heute morgen auch gewesen war, viel war davon auf jeden Fall nicht mehr übrig. Nach einem kurzen Anfall von Panik, der damit endete das er beim Versuch möglichst schnell in seine Jeans hineinzukommen das Gleichgewicht verlor und beim darauffolgendem Sturz seinen Stuhl nur knapp verfehlte, ließ er sich niedergeschlagen auf sein Bett fallen. Es war sowieso zu spät. "Mein erstes Schwänzen", sagte er laut, und bei diesen Worten spürte er fast sowas wie Stolz. Äußerst erstaunt mußte er sich eingestehen das es sich irgendwie gut anfühlte etwas verbotenes zu tun, einmal nicht der brave Streber zu sein, sondern so etwas verwegenes zu tun wie Schuleschwänzen! Nach einer kalten Dusche (die er in dem Augenblick bereute als der erste Strahl kaltes Wasser sich über seinen Körper ergoß und er für wenige Sekunden das Gefühl hatte hier unter der Dusche Opfer eines Herzschlages zu werden) zog er sich rasch an und lief in die Küche hinunter, wo er sich erstmal ein Glas kalte Milch genehmigte. Mit dem Glas in der Hand stand er am Küchenfenster und sah in den strahlend blauen Himmel hinauf. Kein Wölkchen war zu sehen und als er ins freie trat stellte er fest das es für diese Jahreszeit schon ziemlich warm war. Es schien ein absolut traumhafter Tag zu werden. "Und was mach ich nun?"
Angela lag auf ihrem Bett und starrte in Gedanken versunken an die Decke ihres Zimmers. Sie fragte sich wo Brian steckte. Sie hatte den ganzen Tag darauf gewartet das er doch noch in der Schule auftauchen würde, aber er war nicht gekommen. Und das passte nun wirklich nicht zu ihm. Jordan oder Rayanne, okay, bei den beiden wäre es ganz normal gewesen, aber Brian? Ausgerechnet Brian der Musterschüler, da konnte doch etwas nicht stimmen. Sie erhob sich von ihrem Bett und ging zum Fenster, doch Brian war nicht zu sehen. Niemand fuhr mit dem Fahrrad die Straße auf und ab, und es saß auch niemand in dem großen Baum und las. "Vielleicht sollte ich rüber gehen und nachschauen ob er zu Hause ist?" Langsam näherte sie sich dem Haus der Krakows, nachdem sie es zuvor mehere Minuten lang aufmerksam beobachtet hatte. Doch es schien niemand zuhause zu sein. Sie lauschte angestrengt, doch es war nichts zu hören. Keine Musik, keine Stimmen, es war absolut still. Sie klingelte. Nichts. Keine Schritte die hastig die Treppe heruntergerannt kamen, keine "Bin gleich da!"-Rufe, kein "Könnte mal jemand die Tür aufmachen, ich kann gerade nicht." Sie klingelte ein zweites Mal, und wieder geschah nichts. "Wo steckt der nur?" So langsam fing sie an sich Sorgen zu machen. Wo konnte er nur stecken?
Graue Wolken bedeckten den Himmel und die Temperatur schien von Minute zu Minute immer tiefer zu fallen. Seit fünf Stunden fuhr er nun schon planlos mit seinem Fahrrad durch die Straßen Pittsburghs. Noch nie hatte er einen Tag erlebt an dem das Wetter so extrem umgeschlagen war, und unter seiner dünnen Jacke fing er langsam an zu frieren.
Während seiner ausgiebigen Radtour hatte er viel Zeit zum nachdenken gehabt, sehr sehr viel Zeit sogar, und doch hatte sich an der Ausgangslage nichts geändert. Er spürte es das ihm langsam aber sicher die Hoffnung ausging. "Vergiß sie einfach, du Idiot!", flüsterte er sich zum wiederholten Male selbst zu. Er wünschte er wäre dazu in der Lage, aber immer wieder sah er ihr zartes Gesicht vor sich und in diesen Augenblicken spürte er das es wohl unmöglich war dieses Geschöpf nicht zu lieben. Schließlich hatte er sein halbes Leben nichts anderes getan als an sie zu denken. Und er wußte er würde ihr auch noch die andere Hälfte geben, wenn nicht irgendjemand ihn retten würde. Seine Beine schmerzten und er hatte das starke Bedürfniss eine kleine Pause einzulegen.
Er blickte sich um auf der Suche nach einem interessanten Geschäft oder dergleichen, und sein Blick fiel auf einen kleinen Buchladen, den er zuvor noch nie gesehen hatte.
Der Laden war nicht besonders groß, aber ein bißchen Ablenkung würde ihm bestimmt nicht schaden. Und was besseres hatte er ja auch nicht vor, und so kettete er sein Rad draußen vorm Laden an und schlenderte auf das Schaufenster zu. Auf den ersten Blick gab es nichts besonderes zu entdecken, die momentanen Bestseller halt. Ansonsten schien es viele spanischsprachige Bücher zu geben, aber die Namen der meisten Autoren sagten ihm nicht viel.
"Hoffentlich haben die auch bekanntere Sachen", dachte er sich beim Betreten des Ladens. Es war nicht viel los um diese Uhrzeit, und außer dem alten Mann hinter der Kasse waren nur noch drei andere Kunden anwesend. Er glitt langsam an den hohen Regalen vorbei, auf der suche nach englischsprachiger Literatur. Zu seiner Erleichterung stellte er fest das doch bestimmt die Hälfte der Bücher in Englisch war und neugierig ließ er seinen Blick über die Buchrücken schweifen.
Auf gut Glück griff er ins Regal und zog das erste Buch heraus das ihm in die Hände fiel. Neugierig schlug er es in der Mitte auf. Gedichte! Na ja, das war bisher nicht unbedingt seine Art von Literatur gewesen und er überflog die Seite nur kurz und wollte das Buch gerade wieder ins Regal stellen als er bemerkte das der alte Mann direkt hinter ihm stand und ihn mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht beobachtete.
"Mögen sie keine Gedichte",fragte er freundlich. "Ich? Oh, keine Ahnung, ich weiß nicht", stammelte er überrascht und drehte sich zu dem alten Mann um, das Buch immer noch in der Hand. "Da haben sie aber ein richtiges Schmuckstück erwischt. Neruda ist mein Lieblingsdichter", erklärte der Alte, und deutete auf das Buch. Rasch warf Brian einen Blick auf das Buch, auf den Namen des Autors hatte er überhaupt nicht geachtet. "Liebesgedichte" von Pablo Neruda. "War ja klar das ich ausgerechnet Liebesgedichte erwische", dachte er : "Ich kenne diesen Autor bisher überhaupt nicht, wenn ich ehrlich sein soll." "Oh, wirklich nicht, das ist aber ungeheuer schade...für sie." "Ich glaube Liebesgedichte sind nichts für mich." "Ja, ja, genau das habe ich auch gedacht als ich so jung war wie sie", erwiderte der alte Mann und ließ Brian verdutzt stehen. Er starrte dem Alten hinterher, und dann sah er aufs Buch.
Mehere Sekunden stand er unschlüssig dar, denn Blick starr auf des dünne Buch gerichtet das er fest in seinen Händen hielt. Er richtete den Blick wieder auf die Kasse, doch der alte Mann unterhielt sich angeregt mit einem der anderen Kunden. Brian versuchte zu verstehen über was sie sprachen, aber als er genauer hinhörte merkte er das die beiden spanisch sprachen. "Warum eigentlich nicht." Langsam ging er zur Kasse und reichte dem alten Mann das Buch. "Haben sie es sich doch anders überlegt, junger Mann? Sie werden den Kauf nicht bereuen. Oder was sagst du dazu, Tamayito." "Don Pedro hat absolut recht junger Mann, eine ausgezeichnete Wahl", antwortete der angesprochene und lächelte Brian ebenfalls freundlich an. "Vielen dank nochmal für den Tip", erwiderte Brian und nahm sein Wechselgeld entgegen, "Auf wiedersehen, Sir."
Er ging rasch auf den Ausgang zu, und hastig griff er nach der Türklinke, doch er kam einen Augenblick zu spät und so stieß er fast mit der Person zusammen die gerade den Laden betreten wollte. "Entschuld...", der Rest blieb ihm förmlich im Halse stecken. "Ist ja nichts passiert", erwiderte die Person, bei der es sich um ein junges Mädchen handelte, etwa in seinem Alter. Sie glitt an ihm vorbei und ging zielstrebig auf den die beiden Männer an der Kasse zu. "Wie geht´s, Don Pedro?", war das letzte was Brian hörte bevor sich die Tür hinter ihm schloß und er die gemütliche Stille des Ladens gegen den Lärm der Straße eintauschte. Es war noch kälter geworden, aber noch schlimmer war der Regen der gerade einsetzte. Unentschloßen blieb er unter dem Vordach stehen und betrachtete unsicher den Himmel. Der Regen wurde immer stärker, und wenn er sich jetzt auf den Weg machen würde wäre er naß bis auf die Knochen wenn er zuhause ankommen würde. "Ein paar Minuten kann ich ja hier warten", sagte er sich und spähte neugierig durchs Schaufenster.
Das Mädchen stand vor dem selben Regal, vor dem er vor wenigen Minuten gestanden hatte, aber es schien als wüßte sie mit den Autoren mehr anzufangen. Er beobachtete sie, während sie ein Buch nach dem anderen aus dem Regal nahm und betrachtete. So ging es eine ganze Weile, doch plötzlich drehte sie ihren Kopf zum Fenster und sah Brian direkt ins Gesicht. Er erstarrte. Sie lächelte ihm feundlich zu und wandte sich dann wieder den Büchern zu. Brian, der keine Lust hatte sich ein zweites Mal beim anstarrten erwischen zu lassen drehte sich hastig zur Straße um. Der Regen wurde nicht weniger, nein, er schien sogar noch stärker einzusetzen.
Er stieß einen lauten Seufzer aus und setzte sich auf den Gehweg, der hier unter dem recht großen Vordach noch absolut trocken war. Und da er nicht wußte was er nun tun sollte hollte er das Buch heraus und begann zu lesen. Zuerst war er nicht recht bei der sache, aber so nach und nach vertiefte er sich immer mehr und so erschrak er ziemlich als sich plötzlich jemand mit einem sanften "Hi" neben ihn setzte. Er sah von seinem Buch auf und sein Blick fiel auf die langen blonden Haare, die er vor wenigen Minuten noch durchs Fenster hindurch beobachtet hatte. "Hi", erwiderte er ihren Gruß, mit einem deutlichen Anflug von Nervösität in der Stimme.
Schweigend saßen die beiden nebeneinander auf dem Gehweg, und Brian beobachtete die Fremde aus den Augenwinkeln heraus. Sie hatte ihren Kopf nach hinten gegen die Scheibe gelehnt und saß einfach nur so dar, beide Augen fest geschloßen.
"Hörst du den Regen?", fragte sie ihn plötzlich, die Augen immer noch geschlossen. Und ohne seine Antwort abzuwarten fuhr sie fort : "Ich liebe es einfach nur so dazusitzen und dem Regen zuzuhören."
Brian starrte sie iritiert an, als sie plötzlich den Kopf in seine Richtung drehte und ihm direkt in die Augen sah : "Was liest du da?" Er war so nervös das er fürchtete kein vernünftiges Wort herauszubekommen und so hielt er ihr einfach das Buch hin. Sie warf nur einen kurzen Blick drauf und blickte dann wieder hinaus in den Regen.
"Das hat dir bestimmt der alte Pedro aufgeschwatzt, hab ich recht?" "Ja, eigentlich schon. Normalerweise les ich sowas nicht." "Und wie gefällt es dir?" "Also, ich weiß nicht recht. Zuerst war es ein komisches Gefühl sowas zu lesen , aber..." "Aber dann hat es dir doch gefallen, nicht wahr?"
"Ich glaube schon." "Du glaubst es? Wieso weißt du es denn nicht?" "Okay Okay, es hat mir gefallen." "Siehst du, war doch gar nicht schwer", erwiderte sie frech, doch gleichzeitig sah sie ihm mit einem so zauberhaften Lächeln an das Brian glatt vergaß sich über ihre provozierende Art aufzuregen. "Wie heißt du eigentlich?", fragte sie, den Blick wieder hinaus in den dunklen Abend gerichtet. Es mußte so gegen 19 Uhr sein und die Sonne war schon längst verschwunden und nur die hellen, bunten Lichter der einsamen Stadt strahlten noch ein Fünkchen Wärme aus. Bunte Werbung in grellem Neonlicht vermischte sich mit den hektischen Lichtern der vorbeirauschenden Wagen, während der Regen auf die Erde herunterprasselte.
"Ich heiße Brian", stellte er sich vor. "Schön dich kennezulernen Brian, ich bin Amy." "Ja, ich äh, also, ich freue..." "Du freust dich auch mich kennezulernen?" "Äh, ja." "Wow, ein wahrer Meister der Konversation!"
"Was? Also..." "Nicht aufregen, Kleiner. Ich hab doch nur Spaß gemacht." "Ha Ha, sehr komisch. Humor ist wohl nicht gerade deine Stärke!" "Immerhin hat es gereicht um dir einen vollständigen Satz zu entlocken."
"Oh man, du spinnst!", lachte Brian, der es einfach nicht fertig brachte sich über ihre Art aufzuregen, dazu war er einfach viel zu fasziniert von ihr. "Ich hab dich noch nie hier gesehen. Wohnst du hier in der Nähe?",lautete ihre nächste Frage. "Nein, ich wohn drüben in Three Rivers."
"Three Rivers? Schöne Gegend. Und was treibt dich ausgerechnet hierher? Du bist doch nicht nur hier um ein Buch zu kaufen? Hast du hier jemanden besucht?" "Du bist ja überhaupt nicht neugierig!" "Ich versuch nur etwas Schwung in die Unterhaltung zu bringen. Aber wenn du nicht willst..."
"Schon gut, ich hab heute die Schule geschwänzst, und da es heute morgen so schön war hab ich mich auf mein Rad gesetzt und bin einfach losgefahren." "Und was hast du sonst noch so gemacht?"
"Na ja, eigentlich war´s das schon." "Du bist mir ja einer. Schwänzt die Schule, nur um dann den ganzen Tag auf dem Rad zu verplempern! Viel Spaß auf dem Weg nach Hause, das Wetter ist ja wirklich optimal für solch eine Unternehmung." "Der Regen hört bestimmt bald auf." "Das hättest du wohl gern!" "Irgendwie mußt du ja auch nach Hause kommen."
"Ich warte hier nur auf meinen Bus." "Schön fur dich."
"Aber echt. Bei dem Regen ist man ja nach spätestens einer Minute naß bis auf die Knochen." "Es hört bestimmt gleich auf." "Träumer! Hast du den Wetterbericht nicht gehört? Es soll die ganze Nacht Regen geben!"
"Wenn ich ihn gehört hätte wäre ich wohl nicht mit dem Rad unterwegs, oder?" "Wohl nicht", kicherte sie leise, die Augen abermals geschlossen.
Brian fühlte des etwas seltsames in ihm vorging. Normalerweise war er Leuten die er nicht kannte gegenüber mißtrauisch und zurückhaltend, doch mit Amy war das irgendwie anders. Sie war ingendwie anders. Er konnte nicht erklären woran es lag, aber irgendwie fühlte es sich gut an in ihrer Nähe zu sein. Brian betrachtete vorsichtig ihr zartes Geischt, und für einen kurzen Augenblick hatte er das Gefühl das sie eingeschlafen war. Ihr langes blondes Haar war immer noch etwas feucht (anscheinend hatte der Regen schon eingesetzt bevor sie in den Laden kam) und Brian erwischte sich dabei wie er davon träumte ihr die nassen Strähchen aus dem Gesicht zu streichen. Es war kalt, es war naß, und doch fühlte er sich absolut wohl. Stundenlang hätte er hier, auf dem kalten Bürgersteig, sitzen können, die Blicke nur auf dieses sonderbare Wesen gerichtet, das direkt neben ihm saß und faszieniert der sanften Musik des Regens lauschte.
"Hast du kein Buch gefunden?", unterbrach Brian ihr Schweigen, über sich selbst erstaunt das er den Mut dazu aufgebracht hatte.
"Nein, aber ich hab auch nicht richtig gesucht. Dylan hat ein Buch bestellt und er hat mich gefragt ob ich es abholen könnte. Es war aber noch nicht da."
"Ist Dylan dein Freund?" Brian hatte die Frage so schnell gestellt das er gar nicht dazu kam vorher drüber nachzudenken und nachdem die Worte seinen Mund verlassen hatten fragte er sich ob das wirklich er gewesen war der das gefragt hatte oder ob ein Dritter sich in die Unterhaltung einmischte. Nein, das war wirklich er gewesen. Er konnte es nicht fassen.
Amy lachte. "Jetzt bist du aber ganz schön neugierig." Sie sah in provozierend an. "Was nun?", dachte Brian, "Schwanz einziehen oder auf Kurs bleiben." "Damit der Schwung nicht verloren geht", erwiderte nach einem kurzen Zögern. "1:0 für dich. Dylan ist nicht mein Freund, sondern mein Zwillingsbruder." "Ach so."
"Ich hab keinen Freund." Brians Herz schlug vor Freude schneller. "Und du?" "Ich hab auch keinen!"
"Sehr witzig", lachte sie und boxte ihm sanft auf die Schulter. "Schon gut, ich hab keine Freundin, falls du das wissen wolltest." Die beiden sahen sich lachend an und erst jetzt fielen ihm ihre Augen auf, sie hatte wunderschöne sanfte grüne Augen. "Und wie sieht es mit Geschwistern aus?" "Hab ich auch nicht."
"Ist doch bestimmt langweilig so ganz ohne. Hättest du gern welche? Wenn ja, ich könnte ein paar abgeben." "Hast du denn so viele?", fragte Brian mit großen Augen. "4 Brüder. Dylan, Sean, Liam und Billy." "Meinen Eltern hat wohl ein Kind gereicht." Sie drehte ihren Kopf nach links und blickte die Straße hinab. "Ich glaub da kommt mein Bus!" "Was? Ich..."
"Ich muß los. Tschau Brian", flüsterte sie ihm zu und, bevor sie aufstand, beugte sie sich zu ihm rüber und gab ihm einen Kuß auf die Stirn. Brian war so erschrocken das er kein Wort über die Lippen brachte. Als er seine Fassung wiedergefunden hatte lief sie schon längst auf die Haltestelle zu. "Amy, warte! Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?"
Brian betete zu Gott das sie seine Frage gehört hatte, und er hatte Glück. Sie blieb kurz stehen, drehte sich zu ihm um und rief : "O´Hearn."
"Auf wiedersehen, Amy O´Hearn!", rief er ihr zu, während sie in den Bus stieg. Noch einmal winkte sie ihm von ihrem Fensterplatz in vorderen Teil des Busses zu, und dann war das Mädchen mit den wundervollen grünen Augen aus seinem Blickfeld verschwunden. Wie betäubt stand er im Regen und starrte traurig dem Bus hinterher, der sich immer weiter von ihm entfernte und schließlich an einer großen Kreuzung rechts abbog. "Auf wiedersehen, Amy", flüsterte er noch einmal bevor er zu seinem Rad ging und sich auf den Heimweg machte. Der Regen störte ihn nicht mehr.
Angela stand am Fenster und blickte in den Regen hinaus. Brian war immer noch nicht aufgetaucht, und sie machte sich wirklich Sorgen. "Brian, wo bist du nur?", flüsterte sie leise.